Schon Transformation oder erst Verbesserung?

Digitalisierung am SAMR-Modell messen und für die Benutzung von Online-Tools Regeln aufstellen.



Im Rahmen einer Konferenz wurde im August 2018 den Lehrerinnen und Lehrern am bwd in der Veranstaltung "Lust auf Digitalisierung" von Christoph Schmitt das SAMR-Modell vorgestellt. An ihm lässt sich der Umsetzungsgrad bei der Digitalisierung ablesen. Oder es wird dazu verwendet, um bewusst einen möglichst hohen Umsetzungsgrad anzustreben.
Kurz zusammengefasst die 4 Stufen des Modells:
  • Stufe 1: Substitution (dt. Ersetzung) Etwas Analoges wird durch etwas Digitales ersetzt. Es hat eigentlich noch keinen Mehrwert oder Vorteile und Nachteile heben sich auf.
  • Stufe 2: Augmentation (dt. Erweiterung) Die Digitalisierung bringt einen Mehrwert. Damit wird auch der Bereich Enhancement (dt. Verbesserung) erreicht.
  • Stufe 3: Modification (dt. Änderung) Die Technik erlaubt eine neue Art von Aufgabenstellungen, die ohne digitale Unterstützung nicht möglich wäre. Erst damit wird der Bereich Transformation (dt. Umgestaltung) erreicht.
  • Stufe 4: Redefinition (dt. Neubelegung) Die zweite Stufe der Transformation. Je nach Auslegung des Modells müsste man sich hier auch die Frage stellen, inwiefern die Digitalisierung den klassischen Unterricht bzw. die Organisation verändern kann (fixe Klassen, starrer Stundenplan, Arbeit vor Ort...).
Wer nicht in den eigenen Notizen von 2018 nachschlagen möchte, findet z.B. eine kurze (https://de.wikipedia.org/wiki/SAMR-Modell) und eine längere (http://homepages.uni-paderborn.de/wilke/blog/2016/01/06/SAMR-Puentedura-deutsch/) im WWW.
Wenn wir am bwd eine "digitale Transformation" wollen, müssen wir also mindestens die Stufe 3 erreichen. Wo stehen z.B. die Ersetzung von gedruckten Büchern durch E-Books und der Lernblog?

E-Books zu verwenden ist zuerst mal nur ein Medienwechsel, von mir aus auch ein Leitmedienwechsel. Die Verwendung von E-Books kann Nachteile bringen: Über viele Jahre habe ich in jedes Buch, das ich gelesen habe, eine umfangreiche Zusammenfassung inkl. Bemerkungen geschrieben (vgl. Titelbild als Beispiel); das lässt sich, v.a. in diesem Umfang je nach Dateiformat (pdf, epub...), verwendeter Hardware (E-Reader, Handy, Notebook...) und Software (Adobe Acrobat Reader, Foxit Reader, XODO PDF Reader & Annotator...) kaum oder gar nicht bewältigen. Zuerst einmal scheint mir das eine Ersetzung mit Nachteilen gegenüber dem Buch zu sein. Erst in Zusammenhang mit weiterer Software entsteht eine Erweiterung: In einem Textverarbeitungsprogramm könnte ich wunderbar eine Zusammenfassung schreiben; das mache ich auch oft so. Je nach Buch, d.h. in der Regel bei Sachbüchern, schreibe ich aber keine Zusammenfassung, sondern strukturiere die Gedanken von Anfang an in einer Concept Map oder einer MindMap. Analog fand ich MindMaps mühsam, digital finde ich sie sehr hilfreich: Ich kann die Gedanken von Anfang an strukturieren (geht analog auch) und jederzeit die Struktur ändern (geht digital sehr schnell, ist analog sehr mühsam.)
Bei der Einsetzung von E-Books scheint es mir daher sinnvoll, auch Software zum Lesen und alternative Möglichkeiten zum Notieren zu evaluieren und zu schulen. Man muss sich zudem überlegen, wie eine sinnvolle Dateiablage aussehen muss, damit man die vielen Bücher und Notizen schnell wieder finden kann. Oder gibt es auch dafür ein Tool? Fest steht jedenfalls: Ich kenne wesentlich mehr Menschen, die Dateien verlieren, als solche, die Bücher verlieren...

Ein Blog kann ein Arbeitsjournal ersetzen. Ich habe auf Anraten meines Betreuers vor mehr als zehn Jahren das Verfassen meiner Diplomarbeit in einem Blog kommentiert. Der Vorteil war, dass ich zu meiner Arbeit Kommentare von Menschen erhielt, die sich mit ähnlichen Fragen befassten. Manchmal sogar von den AutorInnen der Artikel, die ich für die Arbeit verwendet und im Blog zitiert hatte. Das bedingt jedoch, dass in meinem Blog ein Kommentar gesetzt werden kann und dass ihn jemand findet und dann bestimmte Beiträge oder den ganzen Blog auch abonnieren kann. Die Auswahl des Blogs (wofür es viele kostenlose und kostengünstige Angebote gibt) ist also auch mitentscheidend, welche Stufe im SAMR-Modell man damit erreichen kann.
Nicht nur über Blogs, sondern auch über viele andere Online-Tools tauscht man sich mit externen Menschen aus. Das ergibt Chancen, aber auch Gefahren. Viele Lehrkräfte, Arbeitsgruppen usw., die damit Erfahrungen im Unterricht gesammelt haben, geben daher folgende Punkte zu bedenken:
  • Bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern sollten die Eltern die Erlaubnis geben, dass ihre Kinder sich mit richtigem Namen bei der Benutzung von Online-Tools zu erkennen geben.
  • Wenn keine Erlaubnis der Eltern vorliegt, aber auch anderen Gründen, kann eine Anmeldung auch unter einem Pseudonym erfolgen.
  • Einige Inhalte können problematisch sein, auch wenn sie von den Schreibenden nicht so gedacht sind: Z.B. ein Lernender, der sich über eine Gruppenarbeit äussert und dabei die Namen seiner Team-Kolleginnen und -Kollegen erwähnt, äussert sich damit auch über die Arbeit anderer.
  • Oft wird daher empfohlen, bei der Verwendung von Online-Tools Regeln für die Lernenden aufzustellen.
Meiner Ansicht nach sollten alle Ideen zur Digitalisierung des Unterrichts am SAMR-Modell gemessen und auf der höchstmöglichen Stufe implementiert werden. Und dabei sollte man sich immer fragen, ob es zusätzliche Unterstützung und Regeln braucht. Natürlich werden wir viel von dem, was positiv und negativ passieren, nur erahnen. Aber soweit wir können, sollten wir Chancen und Risiken antizipieren und eine Antwort darauf finden.

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